Laut der Twitch-Studie 2024 nutzen 42 Prozent der 14- bis 40-Jährigen in Deutschland Twitch zumindest gelegentlich und erleben die Plattform zunehmend als Raum für gesellschaftlichen Austausch: Livestreams behandeln Themen von Gaming über Musik bis hin zu politischen Diskussionen. Die Besonderheit? Der Live-Charakter und die starke Community-Bindung, die insbesondere bei jungen Menschen dazu führt, dass sie sich mit Themen auseinandersetzen und an Debatten teilnehmen, etwa über Chatfunktionen und Umfragen.
Twitch & Co. fungieren längst als Orte der Information, Diskussion und Partizipation. Beispiele wie der Auftritt des US-Influencers IShowSpeed im Baltikum verdeutlichen: Auch Politik und Wirtschaft nutzen Live-Formate, um junge Zielgruppen zu erreichen.
Der Reiz des Live-Formats hat auch Schattenseiten. Besonders problematisch sind für Kinder und Jugendliche Glücksspiel-Inhalte wie Casino-Streams. Sie können Jugendliche in einen riskanten Umgang mit Glücksspiel führen und Suchtverhalten fördern. Auf der Plattform Kick gibt es bspw. auch ohne Anmeldung praktisch keine Altersverifikation und die Kategorie „Slots & Casino“ ist regelmäßig unter den meistgeschauten Bereichen der Livestreaming-Seite.
Auch in Gaming-Streams kann es glücksspielähnliche Elemente geben. In unserem News-Artikel „Glücksspiel im Gaming“ haben wir uns sogenannte Lootboxen genauer angeschaut und wie Eltern ihre Kinder davor schützen können: Glücksspiel im Gaming: Was sind Lootboxen und wie kann ich mein Kind davor schützen? - ZEBRA
Livestreams sind nicht planbar – Unvorhergesehenes kann jederzeit geschehen. Das reicht von Beleidigungen über Gewaltandrohungen bis hin zu möglicherweise traumatisierenden Fällen.
So wurde beispielsweise ein US-amerikanischer Streamer in Südkorea festgenommen, nachdem er während seiner Streams Menschen belästigte und öffentliche Orte störte. Inzwischen steht er wegen weiterer Vorwürfe wie der Erstellung und Verbreitung von Deepfake-Pornografie von koreanischen Streamerinnen vor Gericht und könnte bei einer Verurteilung eine Höchststrafe von über 30 Jahren Haft erhalten.
Im deutschsprachigem Raum zeigen Live-Events wie die Edeltour von Papaplatte und Reeze, wie digitale Ereignisse auch im echten Leben große Menschenmengen anziehen und Fan-Chaos auslösen können. Die zwei Streamer übertrugen den Großteil ihrer Reise live, als Fans in London, darunter eine deutsche Schulklasse auf Klassenfahrt, den Stream crashten.
Solche Ereignisse sind nicht selten. So sorgten beispielsweise auch die Ereignisse rund um den umstrittenen Youtuber "Drachenlord" für Schlagzeilen, als sich im August tausende Menschen an seinem ehemaligen Wohnort versammelten, was zu massiven Polizeieinsätzen führte.
Viele Livestream-Ausschnitte landen als kurze Clips auf Social Media. Was dabei jedoch oft fehlt, ist der Kontext, in dem bestimmte Bilder entstehen oder Aussagen getätigt werden. Mithilfe von Videoschnitt oder auch KI können so Desinformation und Bilder verbreitet werden, die nichts mit den Geschehnissen des tatsächlichen Streams zu tun haben. Ihr vermeintlicher Live-Charakter lässt die Inhalte dann noch authentischer aussehen.
Wenn Nutzende sich bei den Plattformen registrieren, können sie an einem Live-Stream aktiv teilnehmen, indem sie in den Chat schreiben. Dort interagieren sie mit der streamenden Person, aber auch mit anderen Chattenden. Mit diesen kann man auch private Chats führen – dementsprechend ist auch das Risiko von Cybergrooming nicht auszuschließen.
Livestreams unterliegen anders als Filme und Serien keiner festen inhaltlichen Kontrolle. Zudem ist als Live-Plattform, eine Vorabkontrolle der Inhalte nicht möglich. Dadurch kann es vorkommen, dass vereinzelt anstößige oder nicht für Jugendliche geeignete Inhalte live ausgestrahlt werden. Die Verantwortung liegt bei den Streamenden selbst, ihre Streams entsprechend als nur für Erwachsene zugänglich zu kennzeichnen. Deswegen ist es wichtig, dass Eltern ihrem Kind eine Ansprechperson sind und klarmachen, dass es sich jederzeit mit Fragen oder Problemen an einen wenden kann.
Die Info-Broschüre „Was macht mein Kind eigentlich bei Twitch?“ von Klicksafe bietet kompakte Infos und eine Twitch-Familien-Checkliste.
Regulatorisch steht fest: Nicht nur die Plattformen selbst, sondern auch die jeweiligen Kanalbetreibenden sind an deutsche und europäische Vorgaben wie den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) und europäische Regelwerke wie den Digital Services Act (DSA) gebunden.
Hier gibt es weitere Informationen zum Phänomen Swatting: Aufmachen, Polizei! Was hat es eigentlich mit Swatting auf sich? - ZEBRA