Frage

Wie merke ich als Pädagoge, dass Cybermobbing stattfindet, und was kann ich dagegen tun?

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Antwort:

Cybermobbing bezeichnet die digitale Form von Mobbing, also der regelmäßigen Schikane von Personen mithilfe digitaler Kommunikationsmedien. Im Gegensatz zum herkömmlichen Mobbing findet Cybermobbing somit nicht mehr auf dem Pausenhof statt, sondern verfolgt die Betroffenen ohne zeitliche oder räumliche Begrenzung im (vermeintlich) anonymen Internet. Mit Kenntnis der Anzeichen von Cybermobbing und der Anwendung konsequenter Präventions- und Interventionsmaßnahmen können pädagogische Fachkräfte dennoch helfen.

Was ist Cybermobbing und warum ist es problematisch?

Mobbing, also das Beleidigen, bösartige Ärgern oder sogar Bedrohen zwischen Schülerinnen und Schülern, ist kein neuartiges Phänomen und existierte bereits vor der weitläufigen Verbreitung digitaler und sozialer Medien. Cybermobbing als eine Art des Mobbings, das sich (vorwiegend) im Internet abspielt, kann die bereits problematische Situation jedoch noch zunehmend prekärer werden lassen: Das Internet ermöglicht es Mobbenden, ihre Opfer unabhängig von Zeit und Raum zu belästigen und ihnen somit selbst in ihrem eigenen Zuhause keine Möglichkeit zu geben, sich der Schikane zu entziehen.

Durch die (vermeintliche) Anonymität, die das Internet bietet, sinkt dabei die Hemmschwelle der Tatpersonen bedeutend, Beiträge können zudem nicht immer eindeutig einem Verfasser oder einer Verfasserin zugeordnet werden. Außerdem ermöglicht das Internet eine große Reichweite und somit die großflächige Verbreitung ungewollter und beleidigender Bilder, Videos und Textbeiträgen weit über den Schulkontext hinaus. Oftmals ist es nur bedingt möglich, diese Inhalte aus dem Netz zu entfernen und nachzuverfolgen, wer sie möglicherweise zuvor heruntergeladen und weiterverbreitet hat.

Cybermobbing ist eine Form der digitalen Gewalt und stellt eine besondere Belastung für seine Opfer dar. Entsprechend schwierig kann es sein, mit einer solchen Situation umzugehen, sowohl für die Betroffenen als auch für ihr persönliches Umfeld, Eltern, Geschwister, Freunde. Auch für pädagogische Fachkräfte stellen Fälle von (Cyber-)Mobbing oftmals eine Herausforderung dar. Im Folgenden werden Tipps und Hinweise für pädagogische Fachkräfte erörtert, die dabei helfen können, Cybermobbing zu erkennen, entgegenzuwirken und mithilfe vorausschauender Maßnahmen präventiv gegen diese Form der digitalen Gewalt vorzugehen.

Cybermobbing erkennen

Cybermobbing findet online statt und wird oftmals lange nicht von den betroffenen Personen angesprochen, weshalb es sich vorerst der Wahrnehmung von Fachkräften entzieht. Das macht es nicht immer einfach, Cybermobbing festzustellen. Dennoch gibt es einige Anzeichen, an denen sich erkennen lässt, dass ein solches Problem vorliegt oder der entsprechende Schüler oder die Schülerin offensichtlich von etwas belastet wird. Dabei ist insbesondere eine gute Beobachtungsgabe, Intuition und auch Sensibilität der Fachkräfte notwendig. Folgende Anzeichen können möglicherweise auf einen Fall von Cybermobbing hinweisen:

  • Stimmungswechsel: Schülerinnen und Schüler, die zuvor offen und fröhlich wirkten, scheinen nun zunehmend verschlossen, lustlos, niedergeschlagen und/oder gereizt, nervös und übersensibel zu sein. Sie zeigen unter Umständen zudem untypische Stimmungsschwankungen und erleben beispielsweise Angstzustände oder auch Wut sowie Aggression.
  • Rückzug: Schülerinnen und Schüler ziehen sich zunehmend (sozial wie emotional) zurück und suchen beispielsweise Zuflucht in Fantasiewelten.
  • Teilnahme: Schülerinnen und Schüler, die zuvor regelmäßig am Unterricht oder Aktivitäten teilgenommen haben, beginnen zunehmend Fehlstunden zu akkumulieren.
  • Leistungen: Schülerinnen und Schüler wirken im Unterricht sichtlich unkonzentrierter als zuvor und verzeichnen deutliche Leistungsabfälle.
  • Psychosomatik: Schülerinnen und Schüler zeigen vermehrt körperliche Beschwerden, wie beispielsweise Kopf- oder Magenschmerzen.
  • Umfeld: Das Klima innerhalb der Klasse oder Gruppe scheint aggressiver und es werden zunehmend Auseinandersetzungen, Streit oder Hänseleien erkennbar.

Intervention – Was tun gegen Cybermobbing?

Oftmals haben Fachkräfte das Gefühl, nicht adäquat eingreifen und das Problem in Angriff nehmen zu können. Nicht zuletzt aufgrund der Verlegung des Mobbings in digitale Räume fühlen manche Fachkräfte sich in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Nehmen sie sich vor, Maßnahmen zu ergreifen, kommt es oft zu Ratlosigkeit und Ohnmachtsgefühlen: Vielen Fachkräften fehlen Ideen und Möglichkeiten, Cybermobbing zu unterbinden. Folgende Ratschläge können sie dabei unterstützen:

  • Das Gespräch suchen: Als erstes sollte ein vertrauliches Gespräch mit dem Opfer des Cybermobbings geführt werden, um die Situation besser zu erfassen und einschätzen zu können, was bereits vorgefallen und wer daran beteiligt ist. Geht das Gespräch von der betroffenen Person aus, sollte sie dabei immer ernst genommen werden. Es sollte auch die Unterstützung in der vorliegenden Situation zugesichert und Hilfe angeboten werden. Möchte die betroffene Person weiter über ihre Gefühle und darüber, was sie besonders belastet, sprechen, gilt es, aufmerksam, verständnisvoll und tröstend zuzuhören. Möchte die Person nicht über die Situation sprechen, sollte das respektiert werden. Dennoch sollten Fachkräfte ihre eigene Sorge um die betroffene Person zum Ausdruck bringen, ihnen empfehlen, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen, und kommuniziert werden, dass man jederzeit als vertrauliche*r Ansprechpartner*in zur Verfügung steht. Es kann auch sinnvoll sein, eine Bedenkzeit auszuhandeln, nach der sich noch einmal getroffen und über die Situation gesprochen werden kann.
  • Die Angst nehmen: Oftmals haben Betroffene Angst, dass das Cybermobbing noch schlimmer wird, sobald Fachkräfte oder andere erwachsene Personen darüber informiert werden. Diese Angst sollte der Person genommen werden. Zudem sollte betont werden, dass sich die Situation höchstwahrscheinlich nicht von allein auflösen wird und Interventionsmaßnahmen diesbezüglich eine Notwendigkeit darstellen, um die Situation zukünftig verbessern zu können. Wichtig ist jedoch, keine weiteren Schritte zu unternehmen, solange nicht die ausdrückliche Zustimmung der betroffenen Person erfolgt ist und Maßnahmen ausführlich mit diesen besprochen wurden.
  • Die Eltern oder Erziehungsberechtigten informieren: Sollten die Eltern oder Erziehungsberechtigten der betroffenen Person noch nicht über die Situation informiert sein, ist es wichtig, sie darüber in Kenntnis zu setzen und sie um emotionale Unterstützung für ihr Kind sowie verhaltensbezogener Unterstützung hinsichtlich weiterer Maßnahmen zu bitten. Hier können auch Informationsmaterialien und Hilfsangebote (siehe z.B. unten) weitergereicht und empfohlen werden.
  • Beleidigungen unterbinden: Kommt es zu Beleidigungen, Bedrohungen oder anderweitig belastenden Situationen innerhalb der jeweiligen Institution, ist es wichtig, direkt zu agieren, das Verhalten zu unterbinden und deutliche Grenzen zu setzen. Dabei sollte nachdrücklich und bestimmt, aber zugleich ruhig und wertschätzend vorgegangen werden. Es sollte außerdem nicht zu direkten Anschuldigungen kommen und das Verhalten, nicht die Person selbst, kritisiert werden. Auch Rückfragen, ob die Botschaft bei der entsprechenden Person angekommen ist, können sinnvoll sein. Werden grundlegende Grenzen überschritten und droht eine Situation zu eskalieren, sollte die Leitung der Institution und im Notfall die Polizei informiert werden.
  • Hilfe im direkten Umfeld suchen: Betroffene von Cybermobbing sind oftmals zu großen Teilen auf sich alleingestellt. Gibt es jedoch unterstützende Personen oder Freundinnen und Freunde, können diese in die Maßnahmen mit einbezogen werden. Auch sie sollten nach der derzeitigen Situation gefragt und ihnen aufmerksam zugehört werden. Möglicherweise haben sie sogar eigene erste Ideen für mögliche Interventionsmaßnahmen, die innerhalb der Klasse oder Gruppe greifen könnten. Es kann zudem thematisiert werden, wie diese Freundinnen oder Freunde in Konfliktsituationen zukünftig agieren können, ohne sich selbst dabei zu gefährden (z.B. Beiträge online melden, Profile bei der entsprechenden Plattform melden, in der Freizeit oder in den Pausen mehr Zeit mit den Betroffenen verbringen).
  • Mit der Tatperson und deren Eltern sprechen: Manchmal können Fälle von Cybermobbing bereits beendet werden, indem mit den Tatpersonen und/oder deren Eltern gesprochen wird und gemeinsam Lösungswege und Regeln für das zukünftige Miteinander erarbeitet werden. Die Hintergründe und Motive für das Mobbing zu erfragen, kann dann dabei helfen, weiteren Cybermobbing-Aktionen vorbeugend zu begegnen. Dabei sollte auch die betroffene Person selbst entscheiden, was sie von der Tatperson braucht, um zukünftig wieder mit dieser umgehen zu können. Betroffene sollten selbst entscheiden können, ob sie bei diesem Gespräch anwesend sind oder nicht. Möglicherweise kann ein Freund oder eine Freundin als Stellvertreterin oder Stellvertreter fungieren.
  • Hilfsangebote mitgeben: Für Betroffene kann Cybermobbing eine große Belastung darstellen, über die sie nicht immer mit Personen aus ihrem direkten persönlichen Umfeld sprechen wollen. Es sollten daher auch externe Hilfsangebote benannt werden, an die sich das Opfer wenden kann, um (emotionale) Unterstützung zu erhalten. Möglichkeiten sind hierbei beispielsweise die Telefonseelsorge, die Nummer gegen Kummer, der krisenchat, JUUUPort, oder auch die Online-Beratung von Cybermobbing-Hilfe e. V.
  • Die Polizei einschalten: Sind die bisherigen Maßnahmen nicht erfolgreich, kann es unter Umständen helfen, die Polizei einzuschalten und die Situation auf rechtlichem Wege zu klären. Dieser Schritt sollte allerdings als letzte Instanz und nur mit dem expliziten Einverständnis der Betroffenen und deren Eltern getätigt werden. Möchten sich diese vorher über die rechtliche Situation informieren, kann Safe im Recht eine geeignete Anlaufstelle darstellen – einige gängige Praktiken aus dem Cybermobbing können schließlich strafrechtlich relevant werden und zur Anzeige gebracht werden. Bei akuten Gefahren sollte immer die 110 verständigt werden.
  • Den Austausch suchen: Auch Fachkräfte müssen bei Schwierigkeiten nicht das Gefühl haben, auf sich allein gestellt zu sein. Es ist vollkommen normal und auch verständlich, nicht bei allen Problemen sofort geeignete Maßnahmen zu kennen oder einen optimalen Lösungsweg parat zu haben. Viele Problemsituationen sind zudem individuell und stark von Opfern, Tatpersonen und Mitlaufenden abhängig. Es ist also durchaus sinnvoll, sich im Kollegium, bei Schulsozialarbeitenden, der Polizei oder auch mit (Online-) Beratungsangeboten auszutauschen und mögliche Handlungsschritte gemeinsam zu erarbeiten. Mögliche externe Beratungsstellen finden sich beispielsweise beim Bündnis gegen Cybermobbing.

Prävention: Cybermobbing vorbeugen

Im besten Fall kommt es gar nicht erst zu Cybermobbing und Intervention ist nicht notwendig. Hierfür sind Präventionsmaßnahmen von zentraler Bedeutung. Oftmals bieten pädagogische Institutionen dafür vereinzelte Workshops oder Fortbildungen an. Wichtig ist in erster Linie, kontinuierlich Präventionsmaßnahmen anzubieten und durchzuführen, um Cybermobbing vorzubeugen. Folgende Ansätze können dabei helfen:

  • Aufklärung betreiben: Oftmals sind sich Tatpersonen nicht vollständig bewusst, wie groß der Schaden tatsächlich sein kann, den sie den Betroffenen mit ihren Taten zufügen. Eine umfassende Aufklärungsarbeit, die betont, wie belastend Cybermobbing sein kann und gleichermaßen auf die möglichen persönlichen und rechtlichen Konsequenzen eingeht, kann das Bewusstsein von Kindern und Jugendlichen fördern, sie für das Thema sensibilisieren und einige Fälle von Cybermobbing verhindern. Eine Liste von möglichem Informationsmaterial ist am Ende dieses Artikels zu finden. Auch Eltern sollten über die Gefahren von Cybermobbing informiert werden. Handelt es sich um eine Bildungseinrichtung in NRW, kann diese über das Angebot Eltern und Medien einen Elternabend zum Thema Cybermobbing buchen.
  • Schülerinnen und Schüler mit einbinden: Auch Kinder und Jugendliche haben bereits vielfältige Ideen, wie mit Cybermobbing umgegangen werden sowie Aufklärung aussehen kann. Dabei können verschiedene Methoden und Medien eingesetzt werden, um selbst Material und Kampagnen gegen Cybermobbing erstellen zu können (z.B. Kurzfilme drehen, Theaterszenen schreiben, Webseiten programmieren etc.). Dabei kann den Schülerinnen zeitgleich eine gesunde Mediennutzung erklärt und nahegelegt werden.
  • Sich deutlich positionieren: Je deutlicher Institutionen machen, dass sie (Cyber-) Mobbing nicht tolerieren und die Bedeutsamkeit von fairem Online-Verhalten regelmäßig betonen, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit, dass Cybermobbing auftritt und desto eher kann auch online ein friedliches Miteinander herrschen. Dabei sollte nicht belehrend agiert werden, sondern stattdessen regelmäßig durch Aktionen und Events das Thema zur Sprache gebracht und Schülerinnen und Schüler mit eingebunden werden. Auch hier gelten die oben genannten Möglichkeiten, Medien zu nutzen und die Ergebnisse vor anderen Menschen zu präsentieren.
  • Vertrauenspersonen etablieren: Vertrauenslehrkräfte oder Schulsozialarbeitende können eine geeignete und vertrauenswürdige Anlaufstelle für Betroffene von Cybermobbing sein. Die Gespräche mit ihnen sollten vertraulich, verständnisvoll und wertschätzend sein. Es sollte zudem betont werden, dass in jedem Fall ein Gespräch gesucht werden kann und genuines Interesse besteht, Schülerinnen und Schülern helfen zu wollen. Wichtig ist auch darüber zu sprechen, dass derartige Situationen oft nur besser werden, wenn man sie anspricht und aktiv gegen sie vorgeht. Schülerinnen und Schülern sollte vermittelt werden, dass sie keine ‚Petze’ sind, wenn ihnen (online) belästigendes Verhalten aufgefallen ist, sondern sie ihren Mitschülerinnen und Mitschülern potenziell sehr helfen können, wenn sie problematisches Verhalten ansprechen.
  • Peer-to-Peer Support fördern: Es kann helfen, gleichaltrige oder ältere Schülerinnen und Schüler dazu auszubilden, geeignete Ansprechpersonen für Betroffene darzustellen. Die Hemmschwelle für Mobbingopfer, mit anderen Personen über ihre Situation zu sprechen oder sich Hilfe zu suchen, wird dadurch geringer. Ein Beispiel, wie ein solcher Peer-to-Peer-Ansatz umgesetzt werden kann, ist das Projekt Medienscouts NRW.
  • Anlaufstellen auflisten: Wie oben beschrieben, gibt es einige Anlaufstellen, an die sich Fachkräfte wenden und sich dort Unterstützung suchen können. Bestenfalls wird im Rahmen der entsprechenden Institution eine solche Liste bereits angefertigt, aktuell gehalten und für alle Beteiligten leicht zugänglich bereitgestellt, um schnelles Handeln ermöglichen zu können, bevor es zu Fällen von Cybermobbing kommt.
  • Externe Hilfsangebote nutzen: Es existieren auch externe Angebote, die Hilfe zur Prävention von Cybermobbing bereitstellen. Ein solches Angebot bietet beispielsweise das Präventionsprogramm „Wir alle gegen Cybermobbing“, das bundesweite Unterstützung anbietet, indem es eine Fortbildung für Lehrkräfte, eine Impulsveranstaltung für Schülerinnen und Schüler sowie einen informativen Elternabend bereitstellt. Zudem bietet es darüber hinaus für ein Jahr ab der Teilnahme eine Cybermobbing-Hotline für Schulen, Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler an.

Weitere Informationen, Handreichungen und Unterrichtsmaterial für Fach- und Lehrkräfte

Was versteht man unter Cybermobbing?

Allgemein gesagt umfasst Mobbing wiederholende oder regelmäßige Formen psychischer Gewalt von einer Person oder einer Gruppe von Menschen gegenüber einer anderen Person. Durch das Internet, Smartphones und soziale Netzwerke geschieht Mobbing auch im digitalen Bereich und wird dann Cybermobbing genannt. Cybermobbing umfasst eine Vielzahl möglicher Taten, z.B. Belästigung, Identitätsdiebstahl oder das Aufstellen und Verbreiten falscher Behauptungen. Eine zusätzliche Gefahr an Cybermobbing ist, dass die Täterinnen und Täter ihre Opfer rund um die Uhr belästigen können.

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