Pornografie ist heute durch das Internet so leicht verfügbar wie nie zuvor. Wenn jemand die Kontrolle über seinen Pornografiekonsum verloren hat, kann das ein Anzeichen für eine Pornosucht sein.
Laut WDR nehmen Expertinnen und Experten an, dass etwa 90% der Männer und 50% der Frauen in Deutschland zumindest gelegentlich Pornos konsumieren.
Was bedeutet Pornosucht?
Die umgangssprachlich als Pornosucht bezeichnete Problematik wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell unter dem Begriff „Störung mit zwanghaftem sexuellem Verhalten“ geführt. In der kommenden Version der internationalen Krankheitsklassifikation ICD-11 (ab 2027) wird sie als Impulskontrollstörung (nicht als Sucht) anerkannt und erstmals als diagnostizierbare Krankheit aufgenommen.
Mögliche Anzeichen einer Pornosucht
Eine Diagnose kann nur durch Ärztinnen oder Therapeuten erfolgen. Dennoch gibt es einige typische Warnsignale:
Viele dieser Anzeichen treten schleichend auf. Betroffene merken ihren Kontrollverlust oft erst spät. Ein Selbsttest kann helfen, das eigene Nutzungsverhalten einzuschätzen: Bin ich betroffen? - PornLoS.
Wer ist anfällig für Pornosucht?
Die Gründe, warum Menschen in eine Pornosucht rutschen, sind vielfältig. Häufig geht es nicht vorrangig um Sexualität, sondern ums Flüchten: vor Stress, vor Sorgen oder vor Einsamkeit. Grundsätzlich kann jeder Mensch betroffen sein. Besonders der leichte Zugriff auf Pornografie über das Internet erhöht das Risiko.
Männer sind statistisch deutlich häufiger betroffen als Frauen, zeigen Studien des Projekts PornLoS der Universität Gießen. Die Unterschiede können unter anderem mit gesellschaftlichen Rollenbildern, Scham und der Männerzentrierung der Pornoindustrie zusammenhängen. Auch wenn Männer häufiger betroffen sind, kann jede Person unabhängig von Geschlecht oder Alter eine Abhängigkeit entwickeln.
Besonders gefährdet sind Menschen, die Pornografie als Strategie zur Stress- oder Emotionsregulation nutzen, um negative Gefühle wie Einsamkeit, Angst oder Frust zu verdrängen.
Mögliche Risikofaktoren sind:
Besonderheiten bei Jugendlichen
Viele Eltern sind unsicher: Ist es normal, wenn das eigene Kind Pornos anschaut? Grundsätzlich gehört die Neugier auf Sexualität in der Pubertät zur normalen Entwicklung dazu. Eine Studie der Landesanstalt für Medien NRW zeigt, dass fast die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen bereits einen Porno gesehen hat. Besonders auffällig ist der Anstieg bei 11- bis 13-Jährigen: Der Anteil ist von 35% im Jahr 2023 auf 42% im Jahr 2024 gestiegen.
Der Konsum ist nicht automatisch problematisch. Häufig steht dahinter ein normales Interesse an Sexualität oder der Wunsch, mehr darüber zu erfahren. Alarmzeichen sollten Eltern jedoch ernst nehmen, zum Beispiel:
In solchen Fällen ist es wichtig, ein offenes Gespräch zu führen: nicht mit Vorwürfen, sondern mit ehrlichem Interesse und Verständnis und gegebenenfalls professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Pornos zeigen außerdem häufig unrealistische und stereotype Darstellungen von Sexualität, die bei Jugendlichen zu verzerrten und realitätsfernen Vorstellungen führen können. Viele junge Menschen fühlen sich dadurch unter Druck gesetzt, bestimmten Leistungs- und Körperidealen zu entsprechen, was Unsicherheiten verstärkt. Zudem kann regelmäßiger Pornokonsum dazu führen, dass junge Männer ihre Partnerinnen eher als Objekte der sexuellen Befriedigung sehen, statt als Menschen, mit denen sie Intimität, Lust und Nähe teilen möchten.
Hilfe und Behandlung
Wenn der Pornokonsum außer Kontrolle zu geraten scheint, gibt es verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen. Ein erster Schritt ist Ehrlichkeit mit sich selbst: Wann und warum werden Pornos konsumiert, und wirkt sich das negativ auf das Leben oder die Beziehungen aus? Oft lösen Gefühle wie Langeweile, Stress oder Einsamkeit den Konsum aus. Statt Pornografie als Bewältigungsstrategie zu nutzen, können gesündere Alternativen helfen, zum Beispiel Sport, soziale Aktivitäten oder Meditation.
Auch technische Maßnahmen, wie Bildschirmzeit reduzieren oder Website-Blocker einsetzen, können hilfreich sein. Gleichzeitig ist es wichtig, neue Gewohnheiten zu entwickeln, die Freude bereiten und das Leben bereichern. Geduld ist dabei wichtig, denn Veränderung braucht Zeit und Rückschläge gehören dazu.
Wenn der Eindruck entsteht, allein nicht weiterzukommen, sollte Unterstützung in Anspruch genommen werden. Der Weg in die Behandlung ist oft durch Scham und gesellschaftliche Tabus erschwert. Viele Betroffene zögern, sich an Beratungsstellen oder Fachleute zu wenden. Entscheidend ist, das Tabu zu durchbrechen: professionelle Angebote und Beratungsstellen stehen zur Verfügung, um Betroffene und Angehörige zu unterstützen. Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen oder eine psychotherapeutische Begleitung können dabei helfen, den Umgang mit Pornografie nachhaltig zu verändern. Der wichtigste Schritt ist bereits getan, wenn der Wunsch nach Veränderung erkannt wird.
Unterstützung bieten:
Eine Therapie konzentriert sich nicht nur auf den Verzicht von Pornos, sondern auch auf die Stärkung von Bewältigungsstrategien, den Aufbau gesunder Lebensgewohnheiten und die Behandlung möglicher psychischer Begleiterkrankungen.
Quellen und weitere Informationen: